Abington-Austausch 1971 - 72
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Abington-Austausch 1971 - 72

Verfasst von Internet-AG am 12.11.2009
Ein Bericht von Silvia Köhler, geb. Rostock


Frau Köhler schrieb uns am 1.10.2009: Mein Name ist Silvia Köhler (geborene Rostock) und ich hatte das Vergnügen 1973 meinen Abschluß zu machen. Ich hatte das große Glück 1971-1972 Abington Senior High zu besuchen. Durch Verbindung meiner Gastfamilie hatte ich die einmalige Gelegenheit 1 Monat lang mit über 250 anderen Austauschschülern aus ca 26 Ländern durch die Staaten zu reisen. Was für ein Erlebnis !!!

Leider glaube ich, dass es nach mir keinen Austausch mehr gab, es kann natürlich auch sein, dass der Zahn der Zeit an mir nagt und ich mich nicht daran erinnern kann (der damalige Abistress war auch nicht auf die leichte Schulter zu nehmen). Vor meinem Austausch gab es aber noch regen Betrieb.

Hier folgt der Bericht, den uns Fr. Köhler schickte:



Amerika hatte mich schon immer fasziniert, und als Schülerin der Lily-Braun-Oberschule war es mir möglich, meinen Traum zu verwirklichen. Ich lernte damals viele Austauschschüler kennen, besuchte den von Frau Elisabeth Schneider (meiner damaligen Englischlehrerin) geleiteten Affiliation Klub und mein Entschluss stand fest: ICH WILL NACH AMERIKA !!!

Meine GastfamilieAm 12.August 1971 war es geschafft. Ich landete auf dem Philadelphia International Airport, wo ich schon von meiner Gastfamilie erwartet wurde. Da stand meine neue Familie: Mom und Dad Blikle, Gastschwester Linda und Bruder Tommy.

Da noch Sommerferien waren, hatte ich genug Zeit die neue Familie, deren Freunde und die Umgebung zu erforschen. Meine Gasteltern waren sehr religiös und so war ich schon beim Kirchenchor angemeldet, bevor ich in Abington gelandet war. Jeden Donnerstag ging es zur Chorprobe und am Sonntag erschallten unsere Stimmen in der Kirche. Wir trugen dunkle Talare mit goldener Schärpe. Ich habe tapfer mitgeträllert und bin auch noch belohnt worden. Der Chor fuhr nach New York und wir sahen uns am Broadway das Musical „Jesus Christ Superstar“ an.
 
Meine Gastfamilie

Bevor die Schule anfing, sind wir noch 14 Tage nach Beach Heaven, New Jersey gefahren, wo meine Familie ein Sommerhaus hatte. Jeder Tag wurde am Atlantik verbracht. Es wurde geschwommen, Sonne getankt und abends wurden am Lagerfeuer neue Freundschaften geschlossen.

Abington Senior High
Abington Senior High (Vordergrund) und Abington Junior High (Hintergrund)

Am 10 09.1971 war mein erster Schultag. Vier Tage vorher war ich mir meiner Mutter schon in der Schule, um mich anzumelden und meinen Stundenplan zu erstellen. Für die Austauschschüler waren Mathe, Englisch, Französisch und US History Pflichtfächer, die anderen Fächer konnten wir uns aussuchen (siehe Stundenplan ).

Stundenplan

Der erste Schultag war doch recht abenteuerlich, da die Schule die 11. und 12. Klasse beherbergte (ca. 1900 Schüler). Das Gebäude war ein zweistöckiges Labyrinth und die Schüler mussten zu ihren Lehrern gehen und hatten zwischen den Stunden genau 5 Minuten Zeit, um den nächsten Klassenraum zu finden.

Schulplan

In der ersten Woche bin ich nur mit einem Schulplan durch die Gegend gerannt. Kleidung und nicht benötigte Bücher wurden ins Schließfach gesteckt (wenn es denn aufging). Schon die Führung des Klassenbuches war eine Kunst für sich. Bei fast 2 000 Schülern waren wir in kleine Gruppen (nach den ersten 3 Buchstaben des Nachnamens) eingeteilt und mussten uns bei unserem Adviser einfinden, wo wir zuerst die Fahne der USA zu ehren hatten (Pledge of Allegiance), die Anwesenheit protokolliert wurde und über Lautsprecher wichtige Ankündigungen unseres Direktors erklangen, Dann ging der Unterricht los.

Dieses Ritual war schon ein großer Unterschied zu deutschen Schulen, aber es gab noch andere Unterschiede. Beim Sport waren Jungen und Mädchen streng getrennt. Unsere Sportkleidung bestand aus weißen Sportschuhen, weißen Söckchen, weißer Bluse und einem blauen Hosenkleidchen (knielang). Wir lernten jede Woche eine neue Sportart (Golf, Tennis, Bogenschießen, Ballspiele usw.). Klingt sehr gut, aber nach zwei Wochen mussten wir über die Regeln einen Test schreiben. So wurden wir bewertet.

Auf dem Schulgrundstück oder in der Nähe herrschte absolutes Rauchverbot (ich erinnere mich, wir konnten noch auf dem Schulhof der Lily-Braun rauchen).

Während des Unterrichtes durfte sich kein Schüler außerhalb der Klassen aufhalten, die Flure wurden kontrolliert. Der Gang zur Toilette erfolgte nur mit einem Pass, der vom Lehrer ausgestellt wurde.

Fühlte man sich unwohl, musste man zu den Schulkrankenschwestern gehen und dort darauf warten, dass man von Mutter oder Vater abgeholt wurde.

Klassenarbeiten bestanden zu 90% aus Multiple Choice Fragen, klingt leicht, aber oft waren die Antworten so verschnörkelt geschrieben, dass man doch ins Trudeln kommen konnte.

Vor Spielen unseres Footballteams versammelte man sich in der Sporthalle und die „chearleaders“ heizten die Stimmung mit Tanz und Schulgesängen auf, um so für den Sieg unserer Mannschaft zu sorgen. Teilnahme an den Spielen war natürlich Pflicht. Wir wurden mit Schulbussen zu den Veranstaltungen gefahren und jede Schule versuchte mit ihren Gesängen die andere Schule zu übertreffen.

Damit die Beziehung zur Gastfamilie nicht zu intensiv wurde, hatte man mir (nach einem halben Jahr) eine zweite Familie „verschrieben“. Der Abschied von meiner ersten Familie fiel mir sehr schwer, aber ich hatte das Glück, wieder in eine sehr nette Familie zu kommen. Dieses Mal hatte ich neben den netten Eltern (William Bertolet III und Frau Roberta) auch noch 5 Geschwister (4 Mädchen und 1 Junge).
Das war ein echter Schock für ein Einzelkind.

Nachdem alle Arbeiten für das Abitur geschrieben waren, steuerten wir auf das „Highlight“ des Jahres hin: unser Senior Prom (Abschlussparty).

AbschlusspartyMein Blumengsteck musste mein Begleiter auch noch zahlen, also kein billiges Vergnügen für die männliche Schülerschaft.

Die Mädchen trugen lange Kleider und die Jungen durften ihre Anzüge entmotten. Erst sind wir ganz vornehm zum Dinner gegangen und dann zur Schule. Alles war bunt geschmückt und eine Liveband spielte. Es wurde getanzt und dann ging es zur nächsten Party. Es war eine sehr, sehr, sehr lange Nacht.

In der folgenden Woche wurde für die Abschlussfeier und Überreichung der Diplome auf unserem“ Football Field“ geübt. Wir hatten schon unsere Talare und Doktorhütchen (cap and gown) erhalten, natürlich in den Schulfarben (maroon and white). Die Mädchen haben weiße Talare und die Jungen kastanienbraunen Talare erhalten (ich sah aus wie Caspar, der freundliche Geist). Zu den Klängen einer Orgel marschierten wir in Zweierreihe einmal um das ganze Sportfeld, um dann zu unseren Sitzen zu gelangen.

Leider konnte ich an der Zeremonie nicht teilnehmen, sie fiel ins Wasser. Es regnete und regnete und aus dem Fußballfeld wurde ein Biotop. Die Feier sollte am 18. Juni stattfinden und wurde auf den 25. Juni verschoben. Am 21. Juni 72 war ich aber schon auf dem Weg, um die Staaten zu erkunden. Einen Monat quer durch die Staaten zu fahren, in Motels, Hotels, bei Rotary Mitgliedern, in Blockhütten, Zelten, Sporthallen, in Cowboyunterkünften und in der YMCA zu übernachten war wirklich ein Abenteuer. Ich danke dem Rotary International Youth Exchange Program für dieses Erlebnis und den guten Beziehungen, die meine Gasteltern hatten.

Ich hatte eine wunderbare Zeit in den Vereinigten Staaten, habe viele nette Leute getroffen, eine grandiose Reise gemacht und dadurch viele schöne Plätze der USA gesehen. Als kleines Dankeschön für die wunderbare Zeit haben ich und eine andere deutsche Austauschschülerin im Abington Memorial Hospital als Candy Striper gearbeitet (einmal in der Woche, 3 Stunden). Wir sollten die Krankenschwestern unterstützen (Patienten füttern, Essen austeilen usw.). Dort habe ich auch viele Erfahrungen gesammelt.

Mein Fazit: Ich habe keinen Tag meines Aufenthalts bereut


AbingTon
 



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