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Theater AG


Susanna Herzog:

 (image: pic/pic7k.jpg)
Blumen für Frau Herzog (2001)

Die Theater AG 'September' existiert seit Dezember 1997, die Gruppe bestand damals aus 12 Mitgliedern, heute sind es 20. Wir fingen bescheiden an mit einem kurzen Stück, geschrieben für Schüler/innen, das wir gemeinsam umschrieben, um es ein wenig zu aktualisieren, und auf unserem ersten Schulfest aufführten. Die Resonanz war unerwartet hoch und wir konnten von den Einnahmen bereits ein Sparbuch anlegen. Es folgten 1999 vier Aufführungen des Dramas "Die Physiker" von Dürrenmatt, die alle ein großer Erfolg wurden. Im Sommer 2000 führten wir ebenfalls vier Mal das Drama "Wir sind noch einmal davongekommen" von Thornten Wilder auf, auch das ein Erfolg, der uns Mut machte, das nächste Stück in Angriff zu nehmen.

Wir nehmen uns also vor, ein Mal im Jahr ein neues Stück zu präsentieren. Da die Stücke doch recht lang sind, reicht es nicht, nur ein Mal pro Woche 90 Minuten zu proben, so dass wir uns im Sommerhalbjahr auch samstags in der Schule treffen. In der 'heißen Phase', kurz vor den Aufführungen, proben wir gar drei Mal pro Woche, jeweils 4 Stunden. Da geht schonmal ein Wochenende drauf.

Die Stücke werden gemeinsam ausgewählt; ich als Leiterin der AG schlage 2-3 Stücke vor (oder auch die Mitglieder), übernehme also im Allgemeinen die Vorauswahl, die AG stimmt dann, nachdem alle das Stück gelesen haben, darüber ab, welches Drama gespielt wird.

Ähnlich demokratisch verhält es sich bei der Verteilung der Rollen: Jede/r wählt eine Rolle aus, die sie oder er gern spielen möchte, wir veranstalten Leseproben, und die gesamte Gruppe bespricht dann unter Vermeidung jeglicher böser Kritik, wer wohl am besten für die Rolle geeignet ist. Dabei müssen Stimme, Größe und Alter mit berücksichtigt werden, damit die Rolle authentisch bleibt. Probleme gab es bei dieser Vorgehensweise noch nie. Grundsätzlich stecken die Schüler/innen eher zurück, als dass sie sich in den Vordergrund spielen wollen, und sprechen sich ohne mein Zutun ab.

Auch bei der Umsetzung des Stücks übernehmen die Jugendlichen große Verantwortung. Das Bühnenbild wird gemeinsam besprochen und besonders die erfahrenen Mitglieder liefern immer wieder neue Impulse, die z.B. Gestik, Mimik, Tonlage oder Kostüme der Figuren betreffen.

Dies führt dazu*, dass sich die AG mit den Stücken identifiziert und mit großem Engagement an den jeweiligen Rollen feilt. Dies führt aber auch gelegentlich zu lautstarken Diskussionen zwischen den Mitgliedern und mir, nämlich z.B. dann, wenn ich kleine Textpassagen streichen möchte, aus Sorge, das Publikum könnte sich langweilen. Die Identifikation mit dem Stück ist so stark bei den Schauspielern, dass es ihnen das Herz bricht, auch nur einen Satz zu streichen ("Gerade DER Satz ist so wichtig!"). Mit dem Argument "in der Oper sitzen die Leute schließlich 4 Stunden und halten das aus" einigen wir uns dann auf einen Kompromiss.

Während der Proben greife ich sehr oft ein und unterbreche, besonders dann, wenn die Jugendlichen zu leise bzw. zu undeutlich sprechen oder dem Publikum den Rücken zukehren oder wenn es an Gestik fehlt. Manchmal proben wir einzelne Szenen dutzendmal hintereinander, weil das Gesamtbild noch nicht stimmt. Immer wieder und unermüdlich wiederholen die Akteure Sätze, Passagen, Gesten. Kompliziert wird es, wenn mehr als 5 Schauspieler auf der Bühne sind, oft müssen Schrittfolgen auswendig gelernt werden.

Erst wenn eine gewisse Routine beim Proben besteht und vor allem die Bühnenaufteilung verinnerlicht wurde, unterbreche ich weniger. Das führt häufig zu langen Proben, nicht aber zu Streits. Die Jugendlichen legen im Allgemeinen eine bewundernswerte Gelassenheit an den Tag.

Neue Mitglieder übernehmen zunächst Nebenrollen oder den Job der Souffleuse oder die (an unserer Schule noch bescheidene) Lichttechnik. Oft helfen sie an der Abendkasse und helfen bei den Aufbauten. Wenn sie den Betrieb etwas kennen, entscheiden sich manche für größere Rollen.

Die Proben, besonders in den letzten zwei Monaten vor den Aufführungen, gestalten sich als äußerst arbeits- und zeitintensiv. Hinzu kommen die Vorbereitung für das (bei uns immer schlichte) Bühnenbild und vor allem das Organisieren und Arrangieren der Requisiten. Viele Schüler/innen bringen von zu Hause Gegenstände oder Kostüme mit, manche Mütter nähen Kostüme für ihre Kinder (überhaupt sind die Eltern sehr hilfsbereit), manches leihen wir von einem Kostümverleih (was aber in der Regel zu teuer ist) - auf unseren bescheidenen Bestand können wir bisher nur selten zurückgreifen. Es müssen Plakate gemalt, Eintrittskarten gedruckt, Pappschilder gemalt, Vorankündigungen ausgehängt, Geräusche und Musik aufgenommen werden. In dieser Phase könnte man gelegentlich verzweifeln. Es sind gerade die Kleinigkeiten, die das Publikum kaum bewusst wahrnimmt, die uns Zeit und Nerven kosten.

Nicht nur die Vorstellungen machen die Theater AG für die Schüler/innen (und mich) unvergesslich. Es sind vor allem die Proben, in denen die Jugendlichen Hilfsbereitschaft, Teamgeist und große Verantwortung entwickeln. Gemeinsames Besprechen, Beraten, aber auch Diskutieren führen dazu, dass sich die Mitglieder als Gruppe begreifen, in der keiner herausragend ist, sondern in der jeder einen wichtigen Platz einnimmt. Es gibt kein 'Ich', es gibt nur ein Miteinander, und so begreife ich auch meine Rolle als Leiterin. Viele würden mich beneiden, bekämen sie einen Eindruck davon, wie ich die Entwicklung dieser Jugendlichen mitverfolgen kann. Und nicht zu vergessen: Die AG ist eine freiwillige Arbeitsgemeinschaft, in der Jugendliche mitunter unendlich lange Textpassagen auswendig lernen.

Finanziell werden wir vom Förderverein der Lily-Braun-Oberschule unterstützt. Wir finanzieren viele Requisiten und weitere Materialien aber auch über die Einnahmen der Aufführungen, von denen eine nicht gerade geringe Summe für die Aufführungsrechte abgeht. Von den Einnahmen wird auch der letzte Aufführungsabend finanziert: Wir gehen feiern!

Susanna Herzog
Leiterin der Theater-AG "September"
21.12.2001


 



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