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Wie alles begann

Verfasst von Web-Team am 18.10.2009
Bericht von Frau Schneider aus der Festschrift von 1962


LBO-Kollegium um 1962 (Fr. Schneider v. l. sitzend) Der erste Brief in unserem dicken Aktenbündel ,,Schriftwechsel mit der Abington Senior High School" trägt das Datum Abington, den 17. 3. 1950, und daneben steht in Dr. Franzmeyers, unseres damaligen Schulleiters, Schrift mit roter Tinte "Na, endlich!" Dieser Stoßseufzer ist verständlich, wenn man sich erinnert, daß wir auf diesen ersten Brief aus Amerika ein ganzes Jahr warten mußten. Wir hatten uns in Berlin bei den „American Friends" um eine Schulpartnerschaft beworben, hatten Fragebogen als Auskunft über unsere Schule ausgefüllt und dann nichts weiter gehört, bis endlich dieser Brief kam. Dazwischen lagen die Bemühungen der ,,American Friends" in Darmstadt und in Philadelphia in den Vereinigten Staaten, eine passende Partnerschule für uns zu finden.

Vielleicht sollte hier zur Erklärung ein kurzes Wort über die "American Friends" gesagt werden. Die Arbeit der A. F. oder Quäker ist vielen von uns aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg durch die großzügigen Quäkerspeisungen unvergeßlich in Erinnerung geblieben. Nach dem zweiten Weltkrieg haben die A. F., um dem Frieden zu dienen, eine neue Arbeit begonnen, die sie "School Affiliation", Schulverbindung, nannten. Weil es gerade jungen Menschen leichtfällt, sich ohne Vorurteile mit Gleichaltrigen anderer Völker zu verständigen, weil sie begeisterungsfähig sind, weil von ihnen schließlich die Zukunft abhängt, hat man angefangen, und zwar schon 1945, Kontakte zwischen Schulen verschiedener Nationen herzustellen. Der Schulverbindungsdienst setzt sich aus freiwilligen Helfern zusammen. Zuerst waren es nur Amerikaner, allmählich ist jedoch die Arbeit in Deutschland immer mehr in deutsche Hände übergegangen. Die Zentrale des American-Friends-Schulverbindungsdienstes in Philadelphia betreut heute [1962. S. F.] 293 Schulen in aller Welt. Ohne diese Hilfe könnten wir unseren Schüleraustausch gar nicht durchführen.

LBO-Schülerinnen um 1960 Ehe wir mit dem Schüleraustausch begannen, wurde die Verbindung vor allem durch das Austauschen von Material gepflegt, durch das wir uns miteinander bekannt machten. Von drüben kamen z. B. Fotos von Schulräumen und von Szenen aus dem Leben der Schule, es kamen farbige Abbildungen von Häusern und Wohnungen; wir schickten u. a. Bilder von Berlin und ein Bilderbuch über den Tagesablauf eines deutschen Kindes. Briefe wurden gewechselt zwischen Lehrern (einige von diesen Schreibfreunden korrespondieren nun schon 12 Jahre lang) und zwischen Schülern. Aber als es dann möglich wurde, eine Schülerin, Christa Gaedeke, mit Hilfe des "HICOG" nach Abington zu schicken, da wurde die Verbindung mit unserer Partnerschule erst richtig lebendig, noch mehr, als es dann endlich auch zu einem doppelten Austausch kam. Auf beiden Seiten wurde die ganze Schule mobilisiert, um die Mittel für diesen Austausch aufzubringen. Bei uns kamen die ersten 200,- DM durch ein Konzert ein, das der Abington-Club mit Hilfe einiger besonders musikbegabter Schüler gab, und dann veranstaltete die ganze Schule Jahr für Jahr ein Sommerfest zum Geldverdienen. Es sind häufig kritische Bemerkungen über diesen „Rummel" gefallen, aber es zeigt sich doch immer, daß auf diese Weise am meisten Geld einkommt. Und das brauchen wir, denn ein Schüleraustausch kostet viel Geld!

Mit Geld allein ist es natürlich nicht getan, es kommt vor allem darauf an, daß recht viele Menschen uns helfen. Jedes Jahr haben sich Eltern gefunden, die bereit waren, einen jungen Amerikaner in ihre Familie aufzunehmen. Damit haben sie unserer Schulverbindung einen unschätzbaren Dienst erwiesen, ohne den der Austausch gar nicht möglich wäre. Jeder weiß, welche Verantwortung man auf sich nimmt. wenn man ein fremdes Kind "adoptiert", zumal eins, das eine andere Sprache spricht und mit dem man sich in der ersten Zeit nur mühsam verständigen kann. Aber auf der anderen Seite bereichert der junge Gast auch das Leben der Familie, das haben uns die Gasteltern hüben und drüben immer wieder bestätigt.

LBO-Klasse um 1962 Einen besonderen Höhepunkt erreichte unsere Schulverbindung im Jahr 1959/60, als außer zwei Schülerinnen aus Abington auch eine Kollegin von drüben, Miss Alberta Lang, bei uns sein konnte. Miss Lang hat sich so selbstverständlich in das Leben unserer Schule eingefügt, daß sie heute noch „mit dazugehört". Für die ganze Schulverbindung war es natürlich ein großer Gewinn, daß eine Kollegin, die in Abington auch verantwortlich an der Schulverbindung mitgearbeitet hat, nun diese Arbeit von der anderen Seite miterlebte. Im Sommer desselben Jahres hatten wir außerdem noch die große Freude, daß drei Kolleginnen aus Abington, die während einer Europareise nach Berlin kamen, unsere Schule besuchten. Eine von ihnen war Mrs. Edna Powell, die seit 1950 die Austauscharbeit in Abington leitet. So begrüßten wir uns als vertraute Freunde, obwohl wir uns zum erstenmal sahen.

Die schönen Beziehungen, die im Laufe der 12 Jahre entstanden sind, lassen sich nicht statistisch ,,erfassen", aber sind ein Ergebnis, das wir immer wieder in Briefen und Gesprächen bestätigt finden. Ich weiß, daß alle, die das Glück hatten, persönlich am Schüleraustausch teilzunehmen, dadurch für ihr Leben entscheidende Einflüsse erfahren haben. Aber auch die anderen, die Zeit und Kraft für unsere Schulverbindung geopfert haben, werden mit mir darin übereinstimmen, daß dies eine Arbeit ist, die zu tun sich lohnt.

 



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